In 106 Tagen ist es schon so weit- die Olympischen Spiele in Paris sind eröffnet. Direkt am ersten Tag steigen die Vielseitigkeitsreiter auch schon in den Wettbewerb ein.
In einer Pressekonferenz am heutigen Vormittag stellten die deutschen Bundestrainer der vier Reitdisziplinen (Peter Thomsen- Vielseitigkeit, Monica Theodorescu- Dressur, Otto Becker- Springen, Silke Fütterer-Sommer- Para-Reiten) ihren Weg bis nach Paris vor. Einleitende Worte zu dem ganzen Drumherum, wie den örtlichen Gegebenheiten lieferte Dr. Dennis Peiler, der als „Chef de mission“ für die Reiterei in Paris sein wird.
In Paris wird einiges anders sein, als zuletzt in Tokyo oder auch in Rio und in London. Eine der wesentlichen Veränderungen ist, dass die Reiter nicht im Olympischen Dorf wohnen werden. Aufgrund der Entfernung (Fahrtstrecke von knapp 50 km mit etwa 1-1,5 Stunden Fahrtzeit) zu den Wettkampfstätten und Stallungen hat sich die deutsche Delegation, so wie wohl auch andere Nationen dazu entschieden, die Reiter, Pfleger und das Betreuungsteam im LIDL-Hotel unterzubringen, das deutlich näher an Versailles liegt. Nicht direkt vor dem Schloss, aber im Schlosspark mit dem Schloss am Horizont werden die Reiter ihre Dressur und das Springen absolvieren, die Vielseitigkeitsstrecke verläuft durch den sehr grünen Schlosspark. Das Hotel ist eine neu errichtete Fortbildungsstätte des international agierenden Discounters, in der die rund 70 anreisenden Personen des deutschen Reitsports gut untergebracht werden können.
Laut Dr. Dennis Peiler erleichtert eine einheitliche Unterbringung die Anfahrt und Rückreise zu den Trainings- und Turnierplätzen, sowie den Stallungen immens. In der Vielseitigkeit werden übrigens genau 23 Personen des Team Deutschland anreisen, dazu gehören neben Reitern, Pflegern und Pferdebesitzern auch der Hufschmied, Tierarzt und Humanmediziner, die Pressesprecherin und die Teamführung).
Für den Geländetag wurden insgesamt 50.000 Tickets verkauft. Laut Dr. Peiler würde der Park gut die doppelte Menge an Zuschauern verkraften, allerdings wurde dieses Kontingent nicht ausgeschöpft, da dies nicht mit der Verkehrsinfrastruktur rund um Versailles vereinbar wäre. Schade!
Nun aber zu den Prüfungen, die über die Olympischen Medaillen 2024 entscheiden: Es geht wirder zurück zur ursprünglichen Reihenfolge, die Vielseitigkeit beginnt als erste Disziplin. Es folgt die Dressur, dann das Springen und im Anschluss der Moderne Fünfkampf, bei dem in Paris das letzte Mal Pferde gesattelt werden. Im Anschluss daran beginnen die Paralympics, bei denen die deutschen Para-Reiter um die Medaillen reiten.
Für die Vielseitigkeit, aber auch für Dressur und Springen steht ein sehr gestraffter Zeitplan. Am 26.7. geht es mit der Verfassungsprüfung los, am 27. folgt dann der erste und auch einzige Dressurtag, bei dem die verkürzte, olympische Aufgabe geritten wird. Der 28. ist dann gleich der Geländetag, am 29. wird im Springen zunächst um die Mannschaftsmedaille, im Anschluss daran dann um die Einzelmedaillen geritten. Übrigens reisen an diesem Tag die Vielseitigkeitspferde auch schon nach Hause ab.
Es werden wieder nur drei Paare starten dürfen, ein Streichergebnis gibt es nicht.
Durch das komplizierte Einwechselverfahren ist es aber möglich, dass eventuell noch weitere Paare zum Einsatz kommen, sofern etwas nicht ganz nach Plan läuft. Dafür werden insgesamt sechs Paare in das Trainingslager nach Deauville fahren, in die Trainingsstätten, die schon im letzten Jahr für die EM am Haras du Pin getestet wurden. Vom 14.-24.Juli sollen sich hier alle bestmöglich vorbereiten und auf das straffe, konzentrationsfordernde sportliche Ereignis einstimmen können, bevor es dann für die drei nominierten Paare nach Paris geht. Die anderen werden sich in Jardy weiterhin fit halten, falls sie noch zum Einsatz kommen müssten.
Nach den Vorerfahrungen mit den klimatischen Bedingungen in Tokyo und Rio sollten die Pferde und Reiter fit und bestmöglicher Form sein, aber insgesamt macht sich der Trainerstab keine besonderen Sorgen um mögliche Hitze. Die Pferde reisen für gewöhnlich schon recht viel und können mit diesen Bedingungen in gut trainierter Form sehr gut umgehen.
Als „extrem intensiv“ schätzt Bundestrainer Peter Thomsen die Prüfung innerhalb der 3 aufeinanderfolgenden Tage ein. Zum Vergleich: Bei einer WM/EM sind es 4-5 Tage. Die Pferde reisen erst 2 Tage vor Beginn der Olympischen Spiele an und müssen sich schnell akklimatisieren, dasselbe gilt für die Reiter. „Maximale Konzentration auf den sportlichen Teil“ sei extrem wichtig, für eine gute Leistung bei diesen Wettbewerben.
Als Sichtungsweg führt er aus, dass die Erfahrung der letzten Jahre gezeigt haben, dass dieser etwas individuell verlaufen sollte. Dennoch gibt es zwei Wege, über die sich alle Reiter und Pferde empfehlen sollten, teils werden dann durch Terminüberschneidungen oder spontane Zwischenfälle andere Turniere in Absprache ausgewählt. Der erste Weg führt drei Paare nach Kentucky (USA) zur CCI5*-L: Calvin Böckmann und Phantom of the Opera, Christoph Wahler und D’Accord OLD sowie Malin Hansen-Hotopp und Carlitos Quidditch K wählen den Flug in die Staaten. Nicolai Aldinger und Timmo starten im Übrigen nicht, wie bisher angenommen. Der zweite Weg, den wohl die meisten anderen Paare einschlagen werden, geht über Marbach, die Deutschen Meisterschaften in Luhmühlen und Aachen, wo letztlich dann die Shortlist bekannt gegeben wird.
Peter Thomsen würde sich eine Mannschaftsmedaille und auch gerne eine Einzelmedaille wünschen, führt aber auch aus, wie stark die anderen Nationen, vor allem Großbritannien aufgestellt sind, und wie schnell mal was passiert ist, sodass man keine Medaille mit nach Hause nehmen darf. Alles in allem sieht er das Team Deutschland aber als durchaus gut aufgestellt an.
Eine Besonderheit gibt es in Paris auch noch: Alle Pferde werden in ihren gewohnten LKW’s zu den Olympischen Spielen reisen, da diese direkt am Turnierplatz geparkt werden können. So haben die Pfleger und auch Reiter einen Rückzugsraum. Allerdings gibt es dort bisher keinen Stromanschluss.