Auch wenn die begehrten Spitzenplätze in diesem Jahr an andere Nationen gehen, so konnten insgesamt vier deutsche Reiter in die Platzierung reiten. Das Quartett bestehend aus Christoph Wahler, Felix Etzel, Arne Bergendahl und Nicolai Aldinger freute sich über Schleifen zum Saisonabschluss. Die einzige deutsche von insgesamt 23 Nullrunden ritt Rebecca-Juana Gerken mit TSF Solara.
Bestplatzierter Deutscher am Ende eines turbulenten Wochenendes war schlussendlich Christoph Wahler mit seinem ,,Zweitpferd” D’Accord FRH (Züchterin: Christa von Paepcke; Besitzer: Stefan Haupt und Hendrik von Paepcke). Auch wenn im Parcours Sprung 4 fiel und somit eine Top 10 Platzierung nicht mehr drin war, konnten sie mit -35,5 die Prüfung, welche D’Accords erste 4*-L war, auf einem hervorragenden 12. Platz abschließen. Der 11-jährige Hannoveraner entwickelt sich somit mehr und mehr zu einem Pferd mit Championatspotenzial, was für Christoph, auch wenn er mit Carjatan S bereits bestens beritten ist, ein gutes Gefühl in Hinblick auf die nächste ereignisreiche Saison geben sollte.
Die nach Dressur und Gelände viertplatzierten Felix Etzel und TSF Polartanz (Züchterin und Besitzerin: Ulrike Malter) konnten den Traum von einer Top 5 Platzierung nicht verwirklichen, wäre der Parcours nur drei Sprünge kürzer gewesen, dann hätte es anders ausgesehen. Während im ersten Teil des Parcours zwar hier und da die Stangen leicht wackelten, blieb alles liegen. Doch am Einsprung der letzten Kombination und am finalen Hindernis fielen dann zwei Stangen. Aus einem möglichen vierten Platz wurde schlussendlich ein trotzdem hervorragender 16. Platz mit -36,4 Punkten bei der ersten 4*-L Prüfung. Am Samstagabend hatte Etzel noch als Overnight-Dritter bei der Pressekonferenz gesessen, nachdem in Folge eines Protests von Laura Collett aus Großbritannien jedoch ein Flaggenfehler an der schrägen Hecke 24b) zurückgenommen wurde, rangierte sie jedoch wieder auf dem dritten Rang vor Felix Etzel.
Einen wunderbaren Abschluss einer langen gemeinsamen Karriere erreichten am Sonntagmittag Arne Bergendahl und sein 16-jähriger Checkovich (Züchter: Heinrich Bergendahl; Besitzer: Helmut & Arne Bergendahl). Der Westfale schenkte seinem Reiter beim letzten Turnierritt zwar keine Nullrunde, aber mit einem Abwurf und einem Endergebnis von -36,4 Punkten den 17. Platz und somit die erste CCI4*-L Platzierung. Zwar hatten er und Felix Etzel die gleiche Gesamtpunktzahl auf dem Konto und sogar die gleiche Zeit im Gelände, jedoch war Etzel schlussendlich besser, da er die höhere Punktzahl in der Dressur erritten hatte.
Ebenfalls sehr glücklich mit dem Ausgang des Wochenendes dürfte Nicolai Aldinger sein. Mit Timmo (Züchter: Ole Lehmann; Besitzer: Jutta und Michael Spethmann) ritt er mit -36,5 Punkten auf Platz 19 in der mit 112 Teilnehmenden gut besetzten Prüfung. Auch bei diesen beiden fiel eine Stange am Einsprung zur letzten Kombination, ansonsten wäre auch bei diesen beiden eine Top 10 Platzierung möglich gewesen. Nichtsdestotrotz dürfte mit diesem guten Ergebnis die Enttäuschung über das Ausscheiden nach einem Sturz auf den Europameisterschaften wieder etwas wettgemacht sein.
Alle vier platzierten deutschen Reiter haben somit ein formelles Qualifikationsergebnis über eine lange Prüfung für Paris 2024 in der Tasche. Da Arne Bergendahl im nächsten Jahr nicht mehr mit Checkovich an den Start gehen wird, fällt dies für sie in jedem Fall weg. Die anderen drei Reiter müssten mit ihren Pferden im neuen Jahr bis zum 24. Juni ,,lediglich” noch ein Confirmation Result in Form eines MER-Ergebnisses in einer CCI4*-S, CCI4*-L oder CCI5*-L erbringen um sich die Möglichkeit einer Nominierung zu eröffnen.
Auch wenn Berechnungen im Nachhinein eines Wettbewerbes gemäß des Mottos ,,Was wäre gewesen wenn?” immer etwas müßig sind, so ist doch zu erwähnen, dass mit den vier bereits erwähnten Herren im Team die Equipe sich auf dem zweiten Platz in der Endabrechnung hätte platzieren können. Jedoch konnte das Bundestrainerteam im Vorhinein wohl kaum davon ausgehen, dass genau die zwei deutschen Teamreiterinnen an der gleichen Stelle ins Wasser fallen würden. Den Nationenpreissieg sicherte sich das Team aus Frankreich deutlich mit -97,8 Punkten. Direkt dahinter platzierten sich die Briten mit 111,2 Minuspunkten. Über den dritten Platz jubelten die Gesamtsieger der Nationenpreisserie aus Belgien mit -129,0 Punkten.
In der Einzelwertung führte kein Weg vorbei am französischen Routinier Nicolas Touzaint mit -25,4 Punkten. Er beendete die Prüfung nach einer souveränen Nullrunde im Parcours im Sattel seiner Nachwuchshoffnung für Paris 2024 Diabolo Menthe mit dem Dressurergebnis. Zweite wurde die fleißigste Frau des Wochenendes Lara de Liedekerke-Meier (BEL) mit dem Hannoveraner Ducati d’Arville (Züchter: Wolfgang Rüsch) und -28,6 Punkten. Ihrem Dressurergebnis musste sie im Parcours gerade einmal 2 Strafpunkte für Zeitüberschreitung im Parcours hinzufügen. Sie vollbrachte das Kunststück mit ganzen drei Pferden die Prüfung zu beenden, die beiden erfahreneren Pferde ritt sie beide in die Platzierung. Dritte wurde die Europameisterin und Badminton-Siegerin Rosalind Canter mit MHS Seventeen und ihrem Dressurergebnis von -28,6 Punkten. De Liedekerke-Meier behielt aufgrund ihrer Geländerunde näher an der Bestzeit bei gleicher Strafpunktzahl die Oberhand.
Endergebnis Nationenpreis TEAM
Anna Siemer und FRH Butts Avondale (Züchter und Besitzer: Prof. Dr. Steinkraus) mussten im Parcours ebenfalls einen Abwurf in Kauf nehmen und wurden mit -60,8 Punkten 60. Die einzige Nullrunde des finalen Tages aus deutscher Sicht zeigte Rebecca-Juana Gerken mit ihrer TSF Solara (Züchter und Besitzer: Christoph Zimmermann). Damit konnten sie sich im Vergleich zum Samstagabend um sieben Plätze verbessern und wurden schlussendlich mit -65,7 66. Nicht ganz nach Plan lief es für Ben Leuwer und Citius im Parcours: Dreimal fielen Stangen und es kamen noch 1,2 Strafpunkte für Zeitüberschreitung hinzu. Ihr Endergebnis betrug -82,8 Punkte und sie landeten schlussendlich auf Rang 74. Brandon Schäfer-Gehrau stellte seine Fräulein Frieda nach der tollen Debüt-Geländerunde am Sonntagmorgen nicht mehr zur abschließenden Verfassungsprüfung vor, da durch das Versehen an 24a) ohnehin kein Qualifikations-Ergebnis mehr möglich gewesen wäre.
Besonders hervorzuheben am Event in Boekelo ist, dass alle Reiter und Pferde dort, ganz unabhängig von ihrer schlussendlichen Platzierung eine ganz besondere Atmosphäre geboten bekamen, welche es so mit Sicherheit nur bei einer handvoll Events überhaupt gibt. Am Geländetag waren nach Schätzungen des Veranstalters 60.000 Besucher entlang der Strecke unterwegs und die Veranstaltung war mit Abschluss des Geländerittes noch lange nicht vorbei. Bis in die Nacht hinein wurden in den zahlreichen Festzelten auf dem Gelände von Pferde- und Nicht-Pferdemenschen gleichermaßen gefeiert. Die Vierbeiner waren in ihren Stallzeltboxen etwas abseits untergebracht, sodass sie von dem Spektakel außer auf der Geländestrecke nicht viel mitbekamen. Am Sonntag wurden im Springen während der Ritte teilweise zu den Reitern passende Songs eingespielt, so ritt Felix Vogg zu Schweizer Volksmusik seinen Parcours oder Europameisterin Ros Canter galoppierte zu Tina Turners ,,You’re Simply the Best” über den Springplatz. Bei so viel guter Laune und Feierstimmung kommt schon fast Wehmut auf, dass sich die Saison 2023 langsam aber sicher dem Ende zuneigt. Highlights die noch anstehen sind die Weltmeisterschaften der jungen Vielseitigkeitspferde in Le Lion D’Angers vom 19. – 22. Oktober oder auch die CCI5*-L im französischen Pau. Dort wird man einige der internationalen Stars aus Boekelo mit anderen Pferden noch einmal verfolgen können.