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EM Avenches: Deutschland gewinnt Mannschaftssilber

In einem spannenden Springen wurden heute um den Titel der neuen Europameister geritten.

Nachdem sich heute morgen alle deutschen Pferde fit und frisch in der Verfassungsprüfung zeigten, begann um 11 Uhr der erste Block der abschließenden Springprüfung.

Den Auftakt für die deutsche Equipe machte Einzelreiter mit Dirk Schrade, der mit Casino gestern im Gelände schon zu Beginn der Strecke einen unglücklichen run-out hatte. Heute zeigte sich das Paar bestens aufgelegt- eine tadellose Nullrunde brachte das Paar ins Ziel.

Für die Mannschaft startete dann noch Andreas Dibowski mit FRH Corrida im ersten Block. Man merkte den beiden die Konzentration bis in die letzte Haarspitze an, nach der Unzufriedenheit von gestern wollte Dibo nun defintiv die so wichtige Nullrunde abliefern. Auch bei Dibo und der Hannoveraner-Stute blieb alles liegen, die erste Nullrunde für das Team war im Ziel.

Um 14 Uhr ging es dann weiter mit den top 25 Paaren- darunter die verbliebenen vier deutschen Paare. Von Platz 15 aus ging Anna Siemer mit ihrer FRH Butts Avondale als Mannschaftspaar in den Parcours. Geschlossen galoppierend, sicher springend zeigte sich die kleine Hannoveraner-Stute an und zwischen den Sprüngen, stets sicher an den Hilfen ihrer Reiterin. Sie habe an dem Sprung einfach „etwas zu viel nach vorne geritten“, weil sie am Sprung davor „ein my zu dicht waren“- dadurch wurd Avondale an 9a zu flach im Ablauf und bekam einen Abwurf. Bei dem Abwurf sollte es aber bleiben, sie beenden ihre zweiten Europameisterschaften mit einer Platzierung an 17. Stelle.

Christoph Wahler und Carjatan S haben sich als Einzelreiter bisher bestens gezeigt, nach der Dressur bereits 12. konnten sie sich durch ein makelloses Gelände zwei Sekunden über der Bestzeit bis auf Rang 8 vorarbeiten. Und heute spielten sie nur so mit den Anforderungen. Carjatan sprang in hervorragender Manier, immer sicher an den Hilfen, immer mit viel Luft zum Sprung. Eine Bilderbuchrunde, die letztlich auch fehlerfrei blieb und dem Paar bei seinen zweiten Europameisterschaften Rang 7 einbrachte.

Und dann war es auch schon soweit- die besten 5 bereiteten sich noch auf ihren Parcours vor, als Michael Jung mit fischerWild Wave einritt. Der 9-jährige Holsteiner machte einfach alles richtig, ließ sich von seinem erfahrenen Reiter in toller Harmonie über die Hindernisse pilotieren, auch wenn er mal leichten Kontakt zu den Stangen hatte, es blieb alles liegen. Der fehlerfreie Parcours brachte ihr Dressurergebnis ins Ziel und ließ den Traum einer Einzelmedaille aufflammen.

Die Nullrunde der britischen Einzelreiterin Sarah Bullimore mit Corouet erhöhte den Druck auf die folgenden vier Paare, die nun allesamt fehlerfrei bleiben mussten, um sich eine Einzelmedaille zu sichern. Der britischen Mannschaftsreiterin Piggy French gelang dies mit Brookfield Inocent überzeugend, sie trug damit schon einmal maßgeblich zur britischen Mannschaftsmedaille bei. Und sie selber brachte sich damit in Lauerstellung auf eine Einzelmedaille- denn die drei führenden Paare mussten erst einmal ihr Ergebnis ins Ziel bringen.

Als nächster ritt der Franzose Maxime Livio ein, der nicht nur um seine Einzelmedaille ritt, sondern auch noch um Team-Bronze für Frankreich. Einmal mehr sollte es nicht sein, an Sprung 6b fiel die Stange und ließ damit erneut die Medaillenträume Frankreichs zerplatzen. Er kam mit einem Abwurf ins Ziel.

Nun war es an Ingrid Klimke und SAP Hale Bob OLD, die das ganze Wochenende so überzeugt hatten. Nach dem schweren Sturz von Ingrid Klimke Ende Mai stand lange Zeit in den Sternen, ob sie in Avenches überhaupt schon wieder im Sattel sitzt- und sie sitzt- und wie! Die beste Dressurprüfung brachten sie vom Viereck, beim Geländeritt verpassten sie es um zwei Sekunden, die Führung bis heute zu erhalten. Nun starteten sie von Platz zwei aus in das Springen, und Bobby sprang. Der 17-jährige gab alles, um noch einmal in so einem wichtigen Springen null zu bleiben. Hindernis 10, ein Steilsprung quasi an der kurzen Seite, wurde dem Paar zum Verhängnis. Ingrid wählte optimistisch die halbgroße Distanz, Bobby sprang ab und touchierte die Stange- sie fiel zu Boden. Voll konzentriert brachte die Reitmeisterin die Runde zu Ende, auch wenngleich damit klar war, dass sie heute keine erneute Einzelmedaille gewinnen würde. Sicher war aber jetzt schon: Deutschland hat Mannschaftssilber gewonnen!

Nun lag es an Nicola Wilson, den britischen Traum real werden zu lassen- und sie tat es. Mit einer überragenden Leichtigkeit, einem so sicher springenden Pferd und nicht dem Hauch einer Unsicherheit brachte sie den Parcours fehlerfrei hinter sich und konnte im Ziel strahlend jubeln. Sie wurde mit ihrem 10-jährigen JL Dublin Einzel- und Mannschafts-Europameisterin.

Und noch viel mehr: Die Briten gewannen heute den kompletten Medaillensatz! Hinter Nicola Wilson und JL Dublin konnte sich Piggy March mit Brookfield Inocent über Einzel-Silber neben Mannschafts-Gold freuen und Einzelreiterin Sarah Bullimore strahlte mit ihrer Bronzemedaille um die Wette.

Was für eine Performance der Briten, die damit die überragenden Leistungen in diesem Jahr noch einmal unterstrichen. Begonnen mit dem 5* Sieg in Luhmühlen von Mollie Summerland, über den historischen Sieg von Laura Collett, Oliver Townend und Tom McEwen bei den Olympischen Spielen, über den 5* Sieg durch Gemma Tattersalls und den Triumphzug der Briten beim Event in Bicton (Plätze 1-7), über den Nationenpreis-Sieg in Aachen und nun den Gewinn von Mannschafts-Gold und allen Einzelmedaillen bei den Europameisterschaften. Beeindruckend ist dabei, dass keine Pferd-Reiter-Kombination doppelt zum Einsatz kam und auch kein Reiter bei beiden Championaten startete. Die Briten sind wieder an der Spitze der Vielseitigkeit angelangt, und das in einer überragenden Breite.

Doch all das soll die Leistung des deutschen Teams nicht schmälern, die heute souverän und ungefährdet Mannschafts-Silber ins Ziel brachten. Mit -73,1 siegten die Briten vor Deutschland (-86,4) und Schweden (-113,9) sicherte sich in einem spannenden Wettkampf Bronze vor den Gastgebern der Schweiz (-114,9) und Frankreich (-116,9).

Eine Einzelmedaille sollte es dieses Mal nicht sein, aber Michael Jung war knapp dran, auf Rang 4. Letztlich fehlten ihm -0,4 zum Medaillenrang, Michael Jung haderte etwas mit der Richterleistung in der Dressur, die nun am Ende so ausschlaggebend wurde. Während Andrew Bennie (NZL) und Christian Steiner (AUT) ihn mit 77,14% (6.) bzw. 79,05% (4.) bewerteten, sah der schweizer Richter Christian Landolt ihn mit 72,14% lediglich auf Rang 14. Vor allem den Schritt hatte er 2 Noten schlechter bedacht, als seine Kollegen.

Ingrid Klimke und SAP Hale Bob OLD werden Fünfte, Christoph Wahler und Carjatan S belegen Platz 7. Anna Siemer und FRH Butts Avondale belegen Platz 17, Andreas Dibowski und FRH Corrida kommen auf den 22. Platz. Durch die fehlerfreie Runde im Parcours kommen Dirk Schrade und Casino auf Platz 44 nach vorne.

Nach 21 Jahren begleitete Hans Melzer in Avenches das letzte Mal ein Senioren-Team zum Championat. „Man muss das sportlich nehmen, die Briten waren sportlich besser als wir. Das muss man voll anerkennen, aber ich bin sehr stolz auf unsere Truppe. Wir hatten ja, bis auf Ingrid Klimke und SAP Hale Bob OLD nicht unsere Top-Paare hier und sie haben sich toll geschlagen. Anna hat sich ihre erste Mannschaftsmedaille redlich verdient. Für Ingrid Klimke ist es schade, dass es keine Einzelmedaille mehr war. Das hätte Bobby verdient gehabt. Er sprang einen tollen Parcours, aber dann braucht man halt auch das Glück, dass diese eine Stange oben bleibt“, fasste Hans Melzer zusammen. (Quelle: fn-press)

Die Reiter waren insgesamt voll des Lobes für die Veranstaltung.

Ergebnisse Einzel

Ergebnisse Mannschaft

Andreas Dibowski: „Das Springen war sicherlich nicht zu schwer und nicht zu hoch aufgebaut. Sicherlich ist dieser große Platz eine Herausforderung, da muss man die Pferde auf den langen Wegen immer wieder bei sich haben. Genug Galopp haben und die Pferde trotzdem schließen, das ist die reiterliche Herausforderung. Die Distanzen waren eigentlich immer klar gestellt. Ich war gestern von mir selber etwas enttäuscht, dass ich da nicht so risikobereit war und dem Team nicht noch mehr beisteuern konnten. Wir hatten top Bedingungen, hatten einen phantastischen Geländekurs. Die Bodenarbeit habe ich noch nie in so einer Perfektion erlebt. Die Veranstaltung an sich ist ein echtes Highlight.“

Anna Siemer: „Ich muss einfach besser reiten. Ich kam ein My dicht über den Einsprung und dachte ich muss Galopp mitnehmen- das war dann etwas viel und sie ist etwas flach geworden. Avondale hat ihre zweite Europameisterschaft wieder gut beendet, das ist doch wirklich toll und ich bin so froh sie reiten zu dürfen. Zudem ein ganz großer Dank an die Familie Vogg, ohne die wir hier an diesem Wochenende nicht hätten reiten können. Sie haben dieses Championat in so kurzer Zeit als familiäre Meisterleistung auf die Beine gestellt, Hut ab!“

Christoph Wahler: „Die EM war insgesamt gut. Wirklich. Wenn man so ein Pferd hat, das sich so reiten lässt und so gut springt, dann ist Springreiten einfach. Heute war das Springen eher einfach, da ist dann ein Fehler sehr teuer und extrem ärgerlich. Klar, die zwei Sekunden im Gelände und ein paar Punkte in der Dressur hätte noch bessern sein können, aber heute war es super.“

Michael Jung: „Also es war schon spannend, aber null ist null. Ich hatte heute schon etwas mehr zu tun als sonst. Aber er ist nach dem Geländetag gestern toll gesprungen, auch schon auf dem Abreiteplatz. Letztendlich lag es ganz ehrlich gesagt leider etwas an dem schweizer Richter. Mein Pferd ist super gegangen in allen drei Disziplinen und hat alles gegeben, wirklich eine ganz tolle Leistung. Ich glaube in ihm steckt noch einiges drin. Das ist auch beruhigend in Richtung Weltmeisterschaften im kommenden Jahr, dass er hier so gut gegangen ist.“

Ingrid Klimke: „Ich bin ehrlich gesagt mit Bobby richtig gut zufrieden. Alles ging so, wie wir es gedacht haben. Ich wollte den Steilsprung auch so etwas halbgroß mitnehmen, dann ist er leider so leicht drangekommen. Trotzdem war er gut. Wir haben Mannschaftssilber, das ist doch ein Grund zum Freuen und nicht zu sagen schade, schade- hätte hätte Fahrradkette. Zum Triple hätte es eh nicht gereicht. Jetzt freue ich mich auf Boekelo, heute in zwei Wochen ist in Boekelo schon Springen, da starte ich mit Siena, die wartet schon zuhause.“

EM Avenches: Alle deutschen Pferde „fit to compete“

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