Vor ein paar Wochen noch wurde der Beginn der Olympischen Saison mit Spannung erwartet. Nun sind die Turniere schon bis in den Mai hinein abgesagt worden. Wir haben uns mal bei den Vielseitigkeitsreitern umgehört, was sie aus der Situation machen.
Heute: Ingrid Klimke
Ein ausführliches Interview mit Ingrid könnt ihr bei Julis Eventer im Podcast hören!
buschreiter: Ingrid, die Olympischen Jahre sind für dich etwas ganz Besonderes. Alles steht in den Startlöchern, nun müssen wir uns aber alle nochmal eine ganze Zeit gedulden. Wie ist die aktuelle Situation für dich?
Es ist für uns alle eine Ausnahmesituation mit ganz besonderen Herausforderungen. Wir sitzen da alle in einem Boot und müssen das Beste draus machen. Unsere Pferde sind unsere Sportpartner und keine Sportgeräte die wir jetzt in die Ecke stellen. Wir verbringen dieselbe Zeit bei den Pferden, wie sonst auch, weil wir sie natürlich genauso gut umsorgen. Dazu sind wir meiner Meinung nach auch verpflichtet.
buschreiter: Reitsportler sind momentan die einzigen Sportler, die einem halbwegs normalen Trainingsalltag nachgehen können, da die Reitbetriebe weiter geöffnet sind, um die Versorgung der Pferde sicherzustellen- wofür sich die Deutsche Reiterliche Vereinigung auch in der Politik eindringlich stark gemacht hat. Dennoch ist der Ablauf des Trainings eines Vielseitigkeitspferdes nicht vollumfänglich möglich, oder?
Derzeit können wir nicht am Berg galoppieren gehen, ansonsten planen wir unsere Wochen so wie sonst auch. Jedes Pferd hat einen Tag die Woche frei und wird einen Tag über Cavaletti longiert. Die restlichen Tage planen wir abwechslungsreich, so wie immer.
Nach den langen Prüfungen im Herbst hatten Bobby und Asha erstmal eine längere Entspannungszeit mit viel gymanstizierender Arbeit und Ausritten bis in den Winter rein. In den ersten Monaten diesen Jahres konnten wir schon drei Mal in Warendorf Geländetraining machen, ich konnte mit Kurt Gravemeier schon mit allen Pferden Parcours springen und bin auch schon die Aufgaben geritten. Meine Pferde haben mir alle ein gutes Gefühl gegeben. Nun versuche ich sie einfach gesund und happy zu halten und wir arbeiten sie locker weiter. Die Turniere werden ja auch nicht von jetzt auf gleich wieder losgehen, sodass wir dann das Training wieder hochfahren können, wenn es wieder starten kann.
buschreiter: Während die Ausbreitung des Corona Virus bekämpft wird wurde nun auch die Entscheidung getroffen, dass die Olympischen Spiele verschoben werden. Ist dies aus deiner Sicht für die Vielseitigkeitsreiter eine sinnvolle Entscheidung?
Es war absolut die richtige Entscheidung. In dieser Situation wäre es nicht gegangen, Olympische Spiele auszutragen. Die Verschiebung bringt aber natürlich jetzt auch die Möglichkeit mit sich, nochmal zu überdenken, ob man den neuen Termin wirklich in die heißen Sommermonate legt, oder man nun auf die Monate April und Mai geht, in denen die Athleten und auch unsere Pferde nicht so mit der hohen Luftfeuchtigkeitkeit zu kämpfen haben.
Bisher wissen wir noch nicht, ob die Qualifikationen weiter Bestand behalten, das müssen wir mal abwarten. Ob ich dann weiter drei Pferde (Anm.d.Red. SAP Hale Bob OLD und SAP Asha P in der Vielseitigkeit, Franziskus in der Dressur) qualifiziert habe, oder ob wir nochmal eine lange Prüfung einplanen müssen. Bobby ist nächstes Jahr 17, den werden wir dieses Jahr natürlich etwas schonen.
buschreiter: Normalerweise wäre am Wochenende die Saison wieder losgegangen, die Sonne scheint und es kribbelt eigentlich alle. Nun aber hast du einige Wochenenden keine Prüfungen vor dir. Gibt es vielleicht auch etwas Positives daran? Wofür wirst du die neu gewonnene Zeit vor allem nutzen?
Im Stall kommt ja nie Langeweile auf. Wir finden immer noch Ecken, die man mal aufräumen kann und wir konnten auch diverse Putzaktionen erledigen. Momentan nutze ich die Zeit, in der ich nun mehr zuhause verbringen kann, für die Sachen, die ich sonst gerne vertage und und die dann liegenbleiben. Ich bin gerne auch in meinem Garten, der nun bestens in Schuss ist. Sonst lese ich nur im Urlaub, das mache ich jetzt auch gerne. Ich beschäftige mich noch intensiver als sonst mit meinen Pferden, mache das, wozu sonst mal die Zeit zu knapp ist. Auch habe ich momentan einfach mehr Freiraum, den ich mit meiner Familie verbringe. auch wenn ich es vermisse, dass wir uns sonst regelmäßig auch mit meiner Mutter treffen, auf die wir natürlich momentan sehr viel Rücksicht nehmen und sie etwas bremsen müssen. Ich sage immer zu meiner Tochter „im Herzen gibt es keine Kilometer“- ich telefoniere mehr mit Freunden und wir versuchen gemeinsam das Beste aus der Zeit zu machen.
Vielen lieben Dank für deine Worte. Bleib gesund- und wir hoffen, wir sehen dich bald wieder über die Geländestrecken galoppieren!