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Die Ausbilderin und Reiterin des zweifachen Bundeschampions Cascoblanco im Interview: Pia Leuwer

2019 haben Pia und Ben Leuwer auf dem Rodderberg im südlichen Rheinland den Schritt in die Selbstständigkeit gewagt. Die gemeinsame Arbeit mit ihrem Team trägt zusehends Früchte, wie man unter anderem auf den diesjährigen Bundeschampionaten in Warendorf beobachten konnte. Vier Pferde aus dem Stall von P & B Eventshorses gingen auf dem großen Championatsplatz an den Start, vier Pferde kamen ins Finale und Cascoblanco konnte sich am Ende sogar schon zum zweiten Mal die Siegerschärpe umhängen lassen. Vielseitigkeitssport Deutschland hat mit Pia über ihre Philosophie und die tägliche Arbeit mit ihren (Nachwuchs)stars gesprochen.

Auf dem wunderschön gelegenen Gut Broichhof nahe Bonn haben Pia und Ben einen Stalltrakt für sich angemietet und versorgen und trainieren dort mit ihrem Team zwischen 20 und 25 Pferde vom dreijährigen Nachwuchspferd bis hin zum erfahrenen 4*-Crack. Das Team besteht im Kern natürlich aus Pia und Ben, sowie ihrer Pflegerin Anna Gaidetzka, die ebenfalls eine wesentliche Rolle spielt und die Pferde täglich betreut und umsorgt. Außerdem werden sie durch eine Stallhilfe unterstützt und eine Langzeitpraktikantin hilft ihnen in der täglichen Arbeit. An langen Turnierwochenenden, wie sie in der Saison häufig vorkommen, helfen auch oftmals Schüler der beiden oder auch Reitschüler von Bens Mutter Gabi Leuwer, die auf dem nahegelegenen Hagerhof in Bad Honnef eine Reitschule betreibt: ,,Vom kurzen Weg zu Bens Familie profitieren wir sehr, da man sich schnell und unkompliziert aushelfen kann.”

In der täglichen Arbeit mit ihren Nachwuchspferden verfolgen Pia und Ben keinen strikten Plan, sondern gestalten die Ausbildung sehr individuell: ,,Super ist, dass die meisten jungen Pferde schon vierjährig bei uns sind. In dem Jahr gehen sie meistens noch gar kein Turnier, aber wir nehmen sie viel mit ins Gelände, sodass sie schon einmal möglichst viele Eindrücke sammeln können. Ich würde sogar sagen, dass wir mit allen Pferden mehr im Gelände unterwegs sind als auf dem Reitplatz, sei es im Dressur- oder im Springsattel.” Ganz besonders unterstützt werden sie von Professor Bernd Heicke und seiner Familie vom Gestüt Fohlenhof: ,,Ich habe Professor Heicke in etwa 2015 kennengelernt und wir sind über die U25 Tour in Kontakt gekommen. Er fand es damals toll, dass ich auf einem selbstgezogenen Pferd, Louis, bis 4* unterwegs war und daraus entwickelte sich die Idee ein gemeinsames Pferd zu kaufen und auszubilden. Das war dann Jard.” Als Pia und Ben dann den Schritt in die Selbstständigkeit wagten, wurde der Kontakt intensiver und es kamen weitere Pferde vom Gestüt Fohlenhof in Haßloch nach Bonn, denn die beiden konnten gemeinsam und mit ihrem Team logischerweise mehr Pferde ins Training nehmen: ,,Das ist für uns natürlich super, denn zum einen bekommen wir über Familie Heicke sehr qualitätvolle Pferde und zum anderen haben wir komplett freie Hand über die Trainings- und Turniergestaltung der Pferde. Die Zusammenarbeit ist sehr unkompliziert und positiv.” So werden auch manchmal Pferde mit den anderen Reitern des Gestüts Fohlenhof, beispielsweise Dirk Ahlmann oder Julia Krajewski, getauscht: ,,Wenn wir denken, dass ein Pferd seine Qualitäten eher im Parcours hat, dann geben auch schonmal Pferde von uns in den Stall von Dirk Ahlmann und andersherum haben wir auch schon das ein oder andere Pferd von ihm zur vielseitigen Ausbildung bekommen.”

Wichtig ist für die beiden Pferdewirtschaftsmeistern auch, dass die Pferde so oft wie möglich aus der Box kommen: ,,Bei uns kommen alle Pferde in der Regel drei Mal am Tag raus. Einmal zum reiten, einmal in die Führmaschine und dann natürlich noch auf die Weide oder auf das Paddock.” Nach Turnieren haben die Pferde dann auch, je nach Intensität des Turniers, erst einmal ein paar Tage gänzlich reitfrei. Bei der täglichen Planung und Durchführung des Trainings hilft ihnen im Stall mittlerweile ein digitales Tool mit dem alle Teammitglieder ständig auf dem neuesten Stand über die zu erledigenden Arbeiten sind. Nun nach den Bundeschampionaten haben die meisten jungen Pferde eine eher ruhigere Phase vor sich, während die erfahreneren Pferde noch ein Saisonhighlight vor sich haben. Ben plant mit dem 11-jährigen Holsteiner Citius beispielsweise den ersten Start auf CCI4*-L Niveau in Boekelo in den Niederlanden im Oktober.

Auf die Frage danach, ob Pia und Ben lieber Pferde ausbilden oder auch Reiter auf ihrem Weg begleiten sagt Pia ganz klar: ,,Das Training mit jungen Reitern macht uns beiden unheimlich viel Spaß. In meiner Zeit in Warendorf habe ich auch die Pony-Vielseitigkeitsreiter unterstützt und das war eine tolle Erfahrung. Allerdings hemmt uns in dem Bereich der zeitliche Faktor etwas, denn im Sommer sind wir meist nur von Montag bis Mittwoch zuhause und danach geht es schon wieder los zum Turnier. Daher ist unser Schülerkreis aktuell noch recht klein. Aber perspektivisch können wir uns auf jeden Fall vorstellen auch noch intensiver als Trainer zu arbeiten.“

Auf die Zukunft blickt das Team P & B Eventhorses aktuell sehr positiv: ,,Gerade nachdem unsere Pferde das sehr anspruchsvolle Gelände beim Finale der 6-Jährigen in Warendorf so toll gemeistert haben, sind wir gespannt was die nächste Saison für sie bereithält. Sie haben wirklich gezeigt, dass sie kämpfen und auch schwierige Aufgaben meistern können.” Das große und übergeordnete Ziel ist es jedoch, langfristig auch Pferde soweit auszubilden, dass sie sich in Richtung Seniorenkader entwickeln: ,,Ein Pferd in Richtung Seniorenkader auszubilden, das ist natürlich schon das große Ziel. Allerdings merken wir auch, gerade seit Beginn der Selbstständigkeit, wie aufwändig es ist, mehrere Pferde auf dieses Niveau zu bringen und auch dort zu halten. Es erfordert viel Ruhe und Geduld bis man dort ankommt und nur in den seltensten Fällen verläuft eine Saison komplett gradlinig. Man muss immer wieder individuell auf die Pferde schauen und flexibel in der Planung bleiben.” Die aktuellen Toppferde Citius, Jard und Cascada sollen perspektivisch in der nächsten Saison noch mehr Routine und Konstanz auf 4*-Niveau erreichen.

Die Vielseitigkeitssport Deutschland-Redaktion wünscht viel Erfolg bei der weiteren Arbeit dem vielversprechenden Buschnachwuchs und bedankt sich herzlich für das Interview!

 

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