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Anna Lena Schaaf erzählt uns von ihrem Weg zur Doppel-Weltmeisterin bei den Nachwuchs-VS-Pferden

Inzwischen ist es zwei Wochen her, dass Anna Lena Schaaf und Lagona OLD ein ganz dickes Ausrufezeichen hinter ihre Namen setzten- erneut konnten sie nach dem letztjährigen Titel bei den 6-jährigen Vielseitigkeitspferden auch in diesem Jahr in der Konkurrenz bei den Weltmeisterschaften der 7-jährigen Vielseitigkeitspferde in Le Lion d’Angers gewinnen.

Ein unglaublicher Erfolg, bisher konnten nur der Franzose Thomas Carlile und der Anglo-Araber Tenareze 2014 den Titel von 2013 verteidigen. Tenareze ist inzwischen unter dem Briten Harry Meade erfolgreich bis zur CCI5*-L Prüfung.

Mit Anna Lena Schaaf, die inzwischen als Sportsoldatin in Warendorf stationiert ist, konnten wir nach dem erneuten großen Erfolg ein Interview führen. Mit Lagona OLD konnte sie eine Siegesserie von 7 internationalen Prüfungen in Folge feiern. In Baborowko gewannen sie gleich bei ihrem ersten Start in dieser Klasse eine CCI3*-S Prüfung.

Doch das Jahr hatte auch unschöne Seiten für Anna Lena: Nachdem sie mit ihrem Spitzenpferd Fairytale im letzten Jahr gleich den ersten 4*-S Start in einen Sieg verwandelte, konnten sie sich auch zum Saisonbeginn in Luhmühlen (CCI3*-S) und Marbach (CCI4*-S) platzieren. Im Anschluss fiel Fairytale mit einer langwierigen Verletzung aus, der Traum vom erneuten Start bei den Europameisterschaften und auch bei den Deutschen Meisterschaften war geplatzt. Debby, eine Tochter von Fairytale, mit der sie auch Erfolge bis zur CCI3*-L Prüfung feierte, war inzwischen verkauft und startet nun für die Niederlande.

Somit lag für Anna Lena der Fokus auf den Nachwuchspferden, wie eben auch Lagona OLD, die sich mit nun 7 Jahren den ersten größeren Bewährungsproben stellen musste.

 

Herzlichen Glückwunsch Anna Lena, was für ein wahnsinns Erfolg. Schon im letzten Jahr konntet ihr als Weltmeisterinnen nach Hause fahren. Wie fühlte sich das dieses Jahr an, wo du das Ganze schon kanntest?

„Das letzte Jahr war einfach unglaublich und es war natürlich klar, dass so eine Saison nicht wirklich wiederholbar ist. Dadurch dass mein Spitzenpferd Fairytale ausgefallen ist, habe ich mir jetzt natürlich schon etwas mehr Druck für so ein wichtiges Turnier gemacht. Lene lief die ganze Saison konstant gut, aber bei der ersten 3* lang ist es doch immer spannend, was auf einen zukommt. Die Atmosphäre und die Anforderungen der Prüfungen in Lion sind einfach besonders und sie ging das erste Mal eine Strecke von über 9 Minuten. Da wusste ich vorher auch nicht, wie gut sie damit zurechtkommt und wie gut sie es wegsteckt. Sie war nach dem Gelände so fit, das war wirklich beeindruckend- aber das weiß man eben vorher nicht. Dadurch waren meine Gefühle im Vorhinein schon gemischt.“

 

Bei den 7-jährigen den Titel gewinnen oft Pferde, die dann den Weg in den großen Sport gehen. Wie ist dein weiterer Plan mit Lagona OLD und kannst du sie weiter bei dir behalten?

„Lene ist zum Glück mein eigenes Pferd, seit sie 5-jährig ist. Der Plan ist definitiv sie für die nächsten Jahre zu behalten. Wir sind so ein gutes Team geworden und Vertrauen uns so sehr. Ich habe ehrlicherweise vorher ein wenig gezweifelt, ob sie genug Qualität für größere Prüfungen hat, aber das hat sie -vor allem mir- nun mehr als klar bewiesen. Es fiel ihr wirklich unglaublich leicht, da war ich sehr beeindruckt von. Klar, es war auch „nur“ eine 3* lang Prüfung, aber eben mit ganz besonderen Rahmenbedingungen, sodass ich das Gefühl habe, dass sie sich auch in 4* Prüfungen nicht unwohl fühlen wird.“

 

Doppelweltmeisterinnen, Wahnsinn. Hattest du dieses Jahr etwas mehr Druck im Nacken, nachdem ihr letztes Jahr so auf euch aufmerksam gemacht habt und ja in Serie 7 internationale Siege feiern konntet?

„Ja, letztes Jahr war es deutlich einfacher. Wir kamen da zwar schon mit guten Vorerfolgen nach Lion, aber uns kannte bis dahin ja eigentlich so keiner außer meinen deutschen Teamkollegen. Aber dieses Jahr hatte ich schon das Gefühl, dass etwas mehr Blicke auf uns gerichtet waren. Dieses Jahr waren wir Titelverteidiger und Lene hatte schon eine 3* Prüfung gewonnen, sowie drei 2* Prüfungen in dieser Saison. Da war die Erwartungshaltung einfach nochmal größer als letztes Jahr. Natürlich habe ich mir vor allem selbst mehr Druck gemacht, ich war sogar vor der Dressur aufgeregt, was ich sonst so nicht von mir kenne. Lene war am Tag vor der Dressur im Stadion schon recht angespannt durch die Atmosphäre. In der Prüfung war sie dann aber voll konzentriert bei mir, da konnte ich dann auch wieder etwas tiefer durchatmen.“

 

Wer war an diesen Erfolgen besonders beteiligt?

„An erster Stelle möchte ich hier den Züchter Theodor Sporkmann nennen, ohne den es Lene gar nicht gäbe. Zudem steht meine gesamte Familie hinter meinen Erfolgen. Meine Mama und mein Papa waren mit in Frankreich, aber auch meine Oma und mein Opa, die zuhause alles in Gang gehalten haben um mir den Rücken freizuhalten. Natürlich sind auch meine Trainer große Bausteine des gesamten Teams. Allen voran Marcus Döring, der mein Springtrainer ist, den ich aber auch in allen anderen Belangen schon fast als Mentor an meiner Seite stehen habe. Vor allem glaubt er immer an mich, was mir einfach ein gutes Gefühl gibt. Auch vor Ort hat er mir sehr geholfen. Mit Caro Roost und Herrn Meyer zu Strohen habe ich im Vorhinein über die ganze Saison an der Dressur gearbeitet. Caro war nicht mit, aber über Video und Telefon hat sie mir auch in Frankreich nochmal für den Feinschliff Tipps gegeben. Im Gelände hat Julia Krajewski mir auch hier nochmal geholfen, ist mit mir das Gelände abgegangen und hat uns zuhause top vorbereitet. In Le Lion d’Angers standen uns zudem noch Hans Melzer und unser Geländetrainer Rudolphe Scherer mit Rat und Tat zur Seite- man sieht, ohne ein gutes Team ist so ein Erfolg nicht möglich.“

 

Was macht Lagona so besonders?

„Lene hat eine unheimlich tolle Einstellung. Ich habe mir das Geländevideo schon mindestens 3 mal komplett angesehen. Jedes Mal habe ich ein Lächeln im Gesicht, wenn ich sie den gesamten Kurs mit gespitzten Ohren durch das Bild galoppieren sehe. Nach dem Sprung ist immer kurz ein Ohr bei mir, danach geht es wieder voll fokussiert weiter. Sie nimmt meine Hilfen auch im Geländekurs immer gut an, sie ist schon so konzentriert bei der Sache und will alles richtig machen. Von der Qualität war sie in Le Lion sicherlich nicht das beste Pferd, was dort startete. Aber wir sind als Team unheimlich zusammengewachsen und sie ist mutig und kämpft für mich, auch in so Situationen wie an den letzten schrägen Hecken nach dem dicken Tiefsprung, an denen unsere Absprungdistanz doch recht weit wurde, sie aber ohne Zögern einfach lossprang.“

 

Seit wann hast du Lagona bei dir im Stall und ab wann wusstest du- das ist ein ganz besonderes Pferd?

„Sie ist jetzt bei mir, seitdem sie 4 Jahre alt ist. Damals kam sie direkt vom Züchter zu mir. Durch Corona sah er sich dazu gezwungen, sie zu verkaufen. Dann war es meine eigene Stute. Ehrlich gesagt habe ich zwischendurch schon etwas gezweifelt, ob das die richtige Entscheidung war, weil ich sie vom Springvermögen und ihrer Qualität doch etwas unterschätzt habe. Sie hat mich das erste Mal überrascht und von sich überzeugt, als sie in Warendorf die Finalrunde beim Bundeschampionat 5-jährig einfach so durchlief und ich im Sattel merkte, wie leicht sich das anfühlte.“

 

Auch wenn sich dein Spitzenpferdesport Fairytale verletzt hat, hast du eine erfolgreiche Saison hinter dir. Was war der tollste und welcher der unschönste Moment in diesem Jahr?

„Der Tiefschlag meiner Saison war definitiv die Gewissheit über die langwierige Verletzung von Fairytale. Und den Saisonhöhepunkt haben wir gerade besprochen, die WM in Frankreich. Lene ist da nochmal richtig über sich hinausgewachsen und sie hat eine so unfassbare Konstanz in allen Prüfungen dieses Jahr gezeigt. Meine Saison vom Jahr davor war natürlich schwer zu toppen, aber Lene hat mir ihren konstant guten Ergebnissen schon einiges für mich getan.“

 

Hast du schon Ziele für die kommende Saison?

„Ich könnte mir vorstellen, dass Lene nächstes Jahr ihre erste 4* Prüfung gehen könnte. Das ist aber nur eine Idee, wenn es besser passt, kann es auch sein, dass sie die erst im darauffolgenden Jahr geht. Ich möchte mir ihr Vertrauen erhalten und sie in Ruhe für die größeren Aufgaben vorbereiten, da muss ich einfach mal sehen. Mein oberstes Ziel ist aber, dass Fairytale wieder gesund ist und die anderen so fit bleiben. Und dann mal sehen, was die Saison so mit sich bringt…“

 

Bilder: Copyright ©FEI/PSV Photo

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