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Züchter und Pferdebesitzer im Vielseitigkeitssport: ,,Die Leidenschaft für die Pferde und den Sport trägt uns“

Es ist ein sonniger Sonntagnachmittag Anfang September auf dem Geländeplatz des DOKRs in Warendorf. Zu ,,Stand up for the Champions“ und unter dem Applaus der vollen Zuschauerränge drehen die Finalisten des Bundeschampionates ihre wohlverdiente Ehrenrunde. Vor Ort sind neben den Reitern und Pflegern häufig auch die stolzen Züchter und Pferdebesitzer mit dabei. Die Finalteilnahme ihrer Schützlinge, deren Weg sie häufig vom ersten Atemzug oder von den ersten Lebensjahren an begleitet haben, lässt sämtliche finanziellen Strapazen und Aufwände auf dem langen Weg bis zu diesem sportlichen Höhepunkt nichtig erscheinen. Unter ihnen war im letzten Jahr als Züchterin und Besitzerin auch Nina Lantermann-Gies. Mit ihr hat buschreiter.de über ihren Antrieb und die Leidenschaft, Vielseitigkeitspferde über viele Jahre hinweg zu züchten und auch auf ihrem Weg in den Sport zu begleiten, gesprochen.

Nina Lantermann-Gies stammt ursprünglich aus Bayern und ritt mit mehreren Pferden international erfolgreich im Vielseitigkeitssport. Heute lebt sie im ostwestfälischen Bielefeld und ist dort auf ihrem eigenen Hof eine ,,Hebamme für Pferde.“ Sie führt einen familiären Zuchtbetrieb und kümmert sich dort um alles von der Besamung, über die Geburt bis hin zum Absetzen. Neben Pensionsstuten züchtet sie auch seit vielen Jahren mit einigen eigenen Stuten: ,,Zum Züchten kam ich durch meine eigene Vollblutstute Isonomy (von Shaab xx). Nach ihrer aktiven Karriere hat sie noch einige Fohlen bekommen und ich muss sagen, dass es schon ein ganz besonderes Gefühl ist, wenn man dann die Nachkommen der eigenen Stute, die man im Busch geritten ist, auf ihrem Weg in den Sport begleitet.“

Richtig sportlich erfolgreich wurden dann Isonomys Enkel aus deren Tochter Cheeky Monkey (von Conthotti): ,,Sie war ein ganz vielversprechendes Nachwuchspferd und hatte sich 5-jährig für das Bundeschampionat qualifiziert. Kurz vorher verletzte sie sich jedoch und wurde danach nie wieder für den Buschsport richtig fit.“ Statt einer sportlichen Karriere schlug sie dann den Weg einer äußerst erfolgreichen Mutterstute ein. Ihr bekanntester Nachwuchs dürfte momentan der mittlerweile 12-jährige Westfale Cock A Doodle Doo (Zu Deutsch: Kikeriki) sein. Er wurde nach England verkauft und platzierte sich 7-jährig unter Willa Newton an 14. Stelle bei der WM der jungen Vielseitigkeitspferde in Le Lion D’Angers und ist mittlerweile bis CCI4* erfolgreich: ,,Das ist dann schon wirklich das Maximum an dessen was man sich wünscht! Einmal habe ich auch ein Pferd an Mark Todd verkauft. Solche Ereignisse machen einen als Züchter natürlich unendlich stolz.“

In ihrer Zeit als aktive Vielseitigkeitsreiterin verbrachte Nina Lantermann-Gies eine Saison in England beim britischen Championatsreiter Rodney Powell. Über den Sport im Mutterland der Vielseitigkeit sagt sie, dass das Besitzen von Vielseitigkeitspferden dort einen gesellschaftlich völlig anderen Stellenwert als in Deutschland habe: ,,Dort gibt es um die Buschreiterei einen regelrechten Hype. Man kann es mit der Situation in Deutschland kaum vergleichen. Während hier die Dressur und das Springreiten im Fokus steht, ist es dort die Vielseitigkeit. Daher werden auch deutlich mehr Turniere veranstaltet und auch in den höheren Klassen gibt es ein sehr gutes Angebot auf nationalen Turnieren. Das ist natürlich auch für Pferdebesitzer einfacher, dort dann hinzukommen zum zuschauen und unterstützen. Hier in Deutschland sind die Turniere für viele Reiter weiter weg und man ist für 2* oder 3* Prüfungen nicht selten von Mittwoch bis Sonntag unterwegs. Das ist auch für viele Besitzer einfach unheimlich aufwändig, dort dann für ein langes Wochenende anzureisen und das auch alles zu bezahlen.“

Eine Rundumversorgung der Besitzer in VIP-Zelten, wie es in England bei größeren Turnieren gang und gäbe ist, ist aus Sicht von Nina Lantermann-Gies dennoch nicht unbedingt notwendig: ,,Ich persönlich brauche nicht so sehr das im Mittelpunkt Stehen und umsorgt werden. Aber man freut sich als Züchterin und Besitzerin natürlich schon sehr, wenn man z.B. auf dem großen Championatsplatz beim Bundeschampionat erwähnt wird. Je nach Turniersprecher kennt der ein oder andere einen auch und kann vielleicht noch kurz ein paar Sätze zum Pferd oder der Abstammung sagen. Das freut mich natürlich und genügt mir persönlich als Wertschätzung von Seiten der Veranstaltung. Am Schönsten finde ich es eigentlich, wenn man nach einem Verkauf mitbekommt, wie viel Freude die neuen Besitzer mit dem Pferd haben. Mit vielen Kunden bin ich im regelmäßigen Austausch und bekomme Fotos und Videos geschickt. Das ist eine schöne Bestätigung, dass sich die Arbeit gelohnt hat!“

Bei all der Freude und Leidenschaft für das Pferdezüchten und Aufziehen könnte so Mancher nun glatt auf die Idee kommen, dass das mit dem Erfolgspferde züchten ja eigentlich kein Hexenwerk sein kann. ,,Die Freude über ein erfolgreiches Nachwuchspferd gibt einem die Energie und den Ansporn dazu weiterzumachen und die Leidenschaft für das Leben mit den Pferden und den Sport trägt uns Züchter und Pferdebesitzer. Der finanzielle Zugewinn ist dagegen äußerst selten ein Motiv wenn man Buschpferde züchtet,“ so Nina Lantermann-Gies. Sie rechnet vor, dass ein Pferd bis es drei Jahre alt ist den Züchter mit Sicherheit bereits 15.000 Euro gekostet hat. Zu diesem Zeitpunkt hat das Pferd lediglich auf der Weide gestanden und ist vielleicht gerade einmal halfterführig, es hat noch keinerlei reiterliche Ausbildung erhalten: ,,Bis man die Pferde überhaupt anreitet ist es ein irrsinnig langer Weg. Das wird häufig von Menschen, die nicht viel mit der Zucht zu tun haben, gar nicht erkannt. Dass es dann so gut klappt, dass das Pferd am Ende der grünen Saison auf dem Bundeschampionat platziert ist, ist keinesfalls die Regel, sondern eher die Ausnahme.“

Doch genau so ein aktueller ,,Ausnahmefall“ kommt aus ihrer Zucht: Der nun sechsjährige Swift platzierte sich 2023 an sechster Stelle unter Sabrina Mertens im Finale auf dem Bundeschampionat.  Mit Dirk Schrade und seinem Team arbeitet Nina Lantermann-Gies bereits seit 15 Jahren zusammen und vertraut dem erfahrenen Championatsreiter in der Ausbildung ihrer selbstgezogenen Pferde voll und ganz: ,,Ich persönlich überlasse den Aufbau des Trainings und die Turnierplanung voll und ganz dem Reiter. Wenn man selbst nicht täglich vor Ort ist, dann kann man es selbst einfach nicht so gut einschätzen. Natürlich sprechen wir uns bei größeren, gerade mehrtägigen Turnieren auch ab, aber im Endeffekt muss der Ausbilder entscheiden, ob ein Pferd z.B. reif für eine Teilnahme am Bundeschampionat ist und das unabhängig von den Qualifikationsergebnissen.“

Zum Tagesgeschäft von Züchtern und Pferdebesitzern gehört es allerdings auch, das ein oder andere Pferd zu verkaufen: ,,Wenn die Jungpferde regelmäßig erfolgreich auf dem Turnier in Geländepferdeprüfungen unterwegs sind, dann kommen häufig auch recht zügig Kaufanfragen.“ Den richtige Zeitpunkt für einen Verkauf abzupassen ist dabei laut der erfahrenen Züchterin gar nicht so einfach. Denn bei einem guten Kaufangebot müssen die Pferde schon eine deutliche Leistungssteigerung z.B. in der kommenden Saison zeigen, sodass die hohen Unterhaltskosten den (hoffentlich) gesteigerten Verkaufspreis zum späteren Zeitpunkt nicht übersteigen: ,,Durch die deutlich gestiegenen Kosten für den Unterhalt und die Kosten für die Turniere sehe ich der Zukunft mit gemischten Gefühlen entgegen. Für den durchschnittlichen Amateur als Kunden wird es immer schwieriger, sich ein Sportpferd zu leisten und auch ich muss mir Gedanken machen, ob es überhaupt noch sinnvoll ist, Buschpferde zu züchten. Ich selbst bin nun auch schon in die Dressurpferdezucht eingestiegen, da diese Sparte für den Verkauf einfach lukrativer ist.“

Nina Lantermann-Gies betont jedoch, dass sie generell niemanden davon abraten würde, aus der eigenen Stute ein Fohlen zu ziehen: ,,Wenn man die Mutter schon selbst im Sport geritten ist und dann daraus ein Fohlen zieht, dann ist das einfach ein schönes Erlebnis und daran hängen auch ganz andere Emotionen, als wenn man einfach eine Zuchtstute kauft und decken lässt. Allerdings sollte jedem klar sein, dass man niemals den Hintergedanken haben sollte, dass man damit Geld verdienen könnte. Es gibt so viele Faktoren wie z.B. die Qualität der Röntgenbilder die man selbst  überhaupt nicht beeinflussen kann.“

Ihre Nachwuchshoffnung Swift ist mittlerweile an eine ambitionierte Nachwuchsreiterin verkauft worden, die nun in Ruhe den sechsjährigen Del`Arko d’Henvet-Sohn kennenlernt. Sie strebt mit ihm in diesem Jahr eine Teilnahme beim Bundesnachwuchschampionat in Warendorf an. So geht es auch in der kommenden Saison weiter mit den Wochenenden, an denen Nina Lantermann-Gies mit ihren Zuchtprodukten mitfiebert und die Höhen und Tiefen des Sports hautnah miterlebt. Bestens vorbereitet ist Swift –  Den Platz in Warendorf kennt er ja bereits.

Swift- Sabrina Mertens / Bundeschampionate 2023/ Bild: Jan Frohne
Under Suspection unter Dirk Schrade / Bild: Kerstin Hoffmann

Mr. Tomtom unter Dirk Schrade / Bild: Kerstin Hoffmann

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