in ,

Interview mit Julia Mestern

Vor ein paar Wochen noch wurde der Beginn der Olympischen Saison mit Spannung erwartet. Nun sind die meisten Turniere der Saison abgesagt worden. Allerdings geben sich einige Veranstalter Mühe, nun zumindest Turniere für Berufsreiter auf die Beine zu stellen. Wir haben uns mal bei den Vielseitigkeitsreitern umgehört, was sie aus der Situation machen.

Heute: Julia Mestern

 

Grand Prix IWEST Julia MESTERN (GER*) / CIC3* Marbach 2018 Foto: AGENTUR datenreiter, Lutz Kaiser

buschreiter: Julia, du hast dir vor einiger Zeit den großen Traum einer eigenen Anlage erfüllen können. Nach dem Verlust deines Toppferdes GrandPrix IWEST hast du dich vor allem in die Arbeit mit den jungen Pferden gestürzt, die natürlich erste Turniererfahrungen machen sollten oder eine Klasse höher reinwachsen sollen. Nun steht erst einmal vieles still. Wie ist die derzeitige Sitution für dich?

„Ich genieße es momentan einfach, in Ruhe das gute Wetter dafür nutzen zu können, um eine ganz individuelle Basisarbeit mit jedem Pferd zu machen. Anfangs habe ich etwas Sorge davor gehabt, dass mir durch die fehlenden Turniere meine Ziele fehlen, aber an manchen Stellen war es nun auch gar nicht schlecht, einfach die Pferde so auszubilden, wie sie es jetzt gerade brauchen. Durch die Turniere geht man ja doch mal ungewollt etwas schneller über manche Ausbildungsschritte hinweggeht, obwohl das Pferd eigentlich doch hier und da etwas mehr Zeit benötigen würde. Also im Großen und Ganzen war die Situation für mich jetzt nicht so schlimm, aber so langsam darf es für mich dann doch nun auch gerne wieder losgehen. In diesem Jahr habe ich ein sehr gutes 4* Pferd neu im Stall. Smudge ist jetzt 12 Jahre alt, mein Plan mit ihm war es über 2* und 3* im Laufe des Jahres bis zur langen 4* hinzuarbeiten. Das wollte ich natürlich langsam aufbauen, das ist sehr schade, dass das jetzt wohl nicht so klappen wird. Auch Cuckuck sollte schonmal in den 3* Bereich schnuppern. Aber ich sage immer- es ist immer alles für irgendetwas gut. Smudge kann ich so noch besser kennenlernen, die Pferde können jetzt über die Zeit noch stabiler werden. Und dann hoffen wir, dass es bald wieder losgeht zum Turnier.“

 

buschreiter: Einen kleinen Teil deiner Pferde konntest du am letzten Wochenende beim ersten „Geisterturnier“ vorstellen, welches der RV Montagsclub unter großen Anstrengungen behördlich genehmigt bekommen hat. Kannst du uns von deinen Eindrücken des Turniers berichten?

„Ich habe zum Glück über eine Freundin von dem Turnier erfahren. Der Veranstalter hat keine Kosten und Mühen gescheut, um die ganzen Auflagen der Behörden zum Infektionsschutz gut umzusetzen. Das ganze Gelände war eingezäunt und durch die vielen Plätze, die der Reitverein Montagsclub auf dem Luhmühlener Gelände auch mit tollen Böden zu bieten hat, verteilte es sich immer gut. Für die jungen Pferde war es natürlich auch super entspannt, mal nicht auf dem ganz vollen Abreiteplatz die ersten Erfahrungen machen zu müssen. Ich glaube, es haben sich alle an die Regeln gehalten. Wir wissen ja auch alle, wie wichtig das einfach ist. Ich bin froh, dass wir Berufsreiter nun diese Möglichkeit bekommen habe, und hoffe dass das auch nochmal so angeboten wird. Natürlich ist es schade, dass diese Prüfungen derzeit nur für uns Profis gemacht werden, allerdings haben wir nur dadurch die Möglichkeit, unsere Arbeit vollumfänglich zu leisten. Die jungen Pferde der Züchter sind ja oftmals bei uns zur Ausbildung, damit sie dann auch verkauft werden, wofür es einfach wichtig ist, dass sie erste Turniererfahrungen und -erfolge mitbringen. Deshalb bin ich mehr als dankbar, dass der Rv Montagsclub schon so schnell so tolle Prüfungen ermöglicht hat.“

buschreiter: Wie gestaltest du momentan deine tägliche Arbeit mit den Pferden, ohne dass ein Turnier ansteht?

„Mein Training ist so abwechslungsreich, wie ich es auch sonst mache. Klar habe ich durch die Wochenenden, an denen ich nun ja auch zuhause bin und normal trainieren kann, etwas mehr Zeit zur Verfügung. Ich versuche, jeden Tag etwas anderes mit jedem Pferd zu machen. Ich variiere das so, wie das Pferd sich am Tag davor anfühlte, und was es die Tage davor gemacht hat. Ausreiten kann ich hier in der Lüneburger Heide sehr gut, sodass ich einen Tag mal einfach eine Trab- und Galopprunde einplane, oder auch mal am Berg etwas galoppieren, über Dressur- und Springarbeit, Longieren und auch ein freier Tag auf der Weide stehen auf dem Programm.“

 

buschreiter: Bei allem Negativen, was das Coronavirus und der damit verbundene Lockdown mit sich bringt- kannst du etwas Positives aus dieser Zeit ziehen?

„Auf meiner eigenen Anlage habe ich den Vorteil, dass ich mich hier frei bewegen und meine Pferde ganz normal arbeiten kann. Dadurch, dass ich bisher keinen Unterricht geben konnte bzw. durfte, habe ich natürlich finanzielle Einbußen, das ist ganz klar. Aber ich versuche gerade, das Positive daraus zu ziehen, dass ich mich mit jedem Pferd einfach so lange beschäftigen kann, wie es das benötigt. Sonst habe ich da schon mehr Zeitdruck, wenn ich dann zum Beispiel um 16 Uhr Unterricht gebe und bis dahin dann mit dem Reiten durch sein muss. Das ist jetzt entspannter und das genieße ich jetzt einfach für den Moment. Aber ich freue mich auch auf die Zeiten, wenn alles wieder seinen normalen Gang geht und wir endlich wieder zu Turnieren fahren können.“

Valentine bekommt FRH Zusatz

Interview mit Anna-Katharina Vogel