Es war ein spannender Nachmittag, bzw. Abend in Deutschland beim Kentucky Three Day Event Geländetag. Alle drei deutschen Paare zeigten tolle und couragierte Runden und beendeten das Gelände. Christoph Wahler zeigte eine von nur zwei fehlerfreien Runden innerhalb der Bestzeit im Gelände und liegt vor dem abschließenden Springen auf dem sechsten Platz. Ebenfalls innerhalb der Top 10 befindet sich Malin Hansen-Hotopp, die ebenfalls fehlerfrei an den Hindernissen blieb. Pech hatte Calvin Böckmann, der 20 Strafpunkte für einen Stop hinnehmen musste, ansonsten aber mit einer mutigen Runde begeisterte.
Doch der Reihe nach: Das Wetter am Geländetag war optimal, sodass die 35.000 angekündigten Besucher nur so in den Park strömten und sich entlang der Geländestrecke verteilten. Besonders die schwierigen Komplexe waren enorm gut gefüllt und alle Paare wurden nach einer gemeisterten Aufgabe bejubelt. Insgesamt galoppierten von den ursprünglich gestarteten 35 Paaren in der CCI5*-L Prüfung 32 Pferde aus der Startbox. Ein Pferd war in der Dressur aufgrund von Taktfehlern eliminiert worden, zwei weitere Pferde waren vor dem Gelände zurückgezogen worden. Insgesamt beendeten 26 Paare das Gelände und dürfen am Sonntag zum letzten Teil des Three Day Events antreten, sofern sie den Cross gut überstanden haben. Vier Paare gaben im Laufe des 6410 Meter langen Kurses auf, zwei weitere schieden aus. Einer von ihnen war der US-Amerikaner Philipp Dutton, der mit seinem Pferd Quasi Cool nach einem verunglückten letzten Sprung in Richtung Ziel stürzte, was zwischenzeitlich für eine Unterbrechung der Prüfung sorgte, sodass auch Malin Hansen-Hotopp ihren Ritt unterbrechen musste.
Calvin Böckmann und The Phantom Of The Opera
Als erster deutscher Starter ging jedoch der ,,Rookie” Calvin Böckmann mit seinem The Phantom of The Opera an den Start. Begleitet von Papa Rolli und Zwillingsbruder Jason bis zur Startbox, ging Calvin den Kurs von Anfang an forsch an und hatte optisch eines der fittesten Pferde des Tages. ,,Phanti” war in den ersten Minuten so motiviert, dass Calvin gerade vor den technischen Komplexen einiges zu tun hatte, um die nötige Geschlossenheit für die Aufgaben aufzubauen. Es wirkte als wüsste der Holsteiner Wallach, dass er heute ein Stückchen höher und weiter springen muss als in allen anderen Kursen die er bisher in seinem Leben gesehen hat und drückte in spektakulärer Manier immer und immer wieder ab. An Hindernis 13 a), dem Defender Head of the Lake spanrg der Fuchs am mächtigen Wassereinsprung von außen betrachtet einen Galoppsprung früher ab als alle anderen Pferde und flog einige Meter weit in Richtung Wasser. Calvin hatte verständlicherweise kurzzeitig Mühe diesen Satz auszubalancieren und kippte auf den Hals. Doch dass die beiden dieser Klasse mehr als nur gewachsen sind zeigte sich spätestens als Calvin es schaffte, sich und Phanti innerhalb eines Galoppsprungs wieder auf Kurs zu bringen und die nur wenige Meter entfernte Adlerschwinge únd die darauffolgende Ecke im Wasser sicher anzureiten und zu überwinden. Doch nur zwei Hindernisse später, am Hindernis 15a), dem EEI Root Cellar, passierte es dann: Vielleicht doch noch etwas verunsichert von dem riesigen Satz ins Wasser traute sich Phanti im ersten Anlauf nicht den mächtigen Absprung hinunterzudroppen und blieb stehen. Im zweiten Anlauf klappte diese Aufgabe mit etwas Unterstützung durch Calvin dann jedoch ohne Probleme und sie beendeten den Kurs trotz des zusätzlichen Anreitens mit nur 7,2 Strafpunkten für Zeitüberschreitung. Sehr schade um den einen Moment der Unsicherheit auf einem solch anspruchsvollen Kurs, bei dem 41 weitere Sprünge super überwunden wurden. Aber sie können sich nun zurecht 5*-Gelände-Finisher nennen und werden aus dieser Erfahrung mit Sicherheit eine Menge für die Zukunft mitnehmen. Der Sportsoldat liegt nach dem Gelände mit -58,6 Punkten auf Platz 20.
Malin Hansen-Hotopp mit Carlitos Quidditch K
Das zweite Mal richtig spannend wurde es für die deutschen Buschfans nur wenig später, als Malin Hansen-Hotopp mit ihrem Carlitos Quidditch K auf die Geländestrecke startete. Dass der großrahmige Schimmel rittig ist, hatte er bereits am Donnerstag im Viereck bewiesen, dass er dazu auch noch hervorragend springen kann, für seine Reiterin alles tun würde und ihr blind vertraut, bekamen die Zuschauer während des Geländerittes zu sehen. Äußerst fein an den Hilfen stehend, sahen selbst die technisch schwierigsten Komplexe wie der Defender Head of the Lake-Komplex aus wie eine Springreihe zur Gymnastizierung. Auch wenn es an einem Sprung wie etwa dem C-Element an Pete’s Hollow mal nicht ganz optimal passte, dann machte ,,Schimmi” noch flink einen zusätzlichen Galoppsprung und drückte danach zwar in etwas unorthodoxer Manier, aber unendlich ehrlich ab. Genau solche Pferde dürfte sich der Bundestrainerstab für Championate wünschen. Mit diesem Ritt konnten die beiden mit Sicherheit ein Ausrufezeichen gesetzt und gezeigt haben, dass man sie in Richtung Paris auf dem Zettel haben sollte. Während des Rittes dürfte allen Zuschauern über ClipMyHorse kurz das Herz in die Hose gerutscht sein, als der Name von Malin und Carlitos Quidditch K zwischenzeitlich von der Anzeigetafel der aktuellen Reiter verschwand. Der Grund dafür war allerdings, dass sie aufgrund des Sturzes von Philipp Dutton kurz vor dem Finish angehalten werden mussten. Schlussendlich konnten sie mit nur 6,8 Zeitfehlern die Ziellinie überqueren und gehen von Platz 10 aus in die zweite Verfassungsprüfung am abschließenden Sonntag.
Christoph Wahler mit D’Accord FRH
Einen Geländetag nach Maß wurde es ganz besonders für Christoph Wahler mit D’Accord FRH. Die beiden lieferten eine von nur zwei Runden innerhalb der Bestzeit von 11:15 Minuten ab. Nach der nicht ganz nach Plan verlaufenen Dressurprüfung machten die beiden durch die flotte Runde einiges wett und liegen nach dem Gelände auf einem starken Platz 6. Mit -34,0 Punkten befindet Christoph sich in unmittelbarer Reichweite zur Spitzentruppe, sodass schon einzelne Abwürfe oder Zeitfehler noch einmal ordentlich Bewegung ins Leaderboard bringen könnten. Als Führende in den letzten Tag geht ein Trio aus Großbritannien: Es liegt nach wie vor Tom McEwen mit JL Dublin an der Spitze (-28,6) vor Yasmin Ingham mit Banzai Du Loir (-31,6) und Oliver Townend mit Cooley Rosalent (-31,8). Im Interview mit U.S. Eventing sagt Christoph über seinen Ritt mit D’Accord FRH: ,,Mein Pferd war heute fantastisch! […] Wir hätten vor zwei Jahren als ich ihn bekommen habe nie gedacht, dass wir heute hier starten. In den letzten 12 Monaten hat er einen riesigen Schritt nach vorne gemacht. Sein Vermögen im Gelände ist mit keinem anderen Pferd, das ich jemals geritten bin, zu vergleichen. Er ist einfach phänomenal, so schnell und vermögend. Außerdem hat er ein riesiges Herz und kämpft bis zum Ende, wie man auch im Wasser gesehen hat, als er mir aus der Situation geholfen hat. Das schätze ich sehr an ihm und bin sehr sehr stolz.” Die Situation die Christoph im Interview ansprach führte allen Zuschauern vor Augen, dass D’Accord ganz genau weiß was er möchte, nämlich durch die Flaggen hindurch zu springen oder, wie in diesem einen Fall zu krabbeln. Am Head of the Lake gelang die Wendung zu Sprung 13 c), der Ecke im Wasser nicht ganz, sodass aus drei Galoppsprüngen vier wurden und die Absprungdistanz zur Ecke nicht ganz stimmte. D’Accord setzte auf der Ecke auf und befand sich mit seinem Bauch kurzzeitig auf der Ecke. Jedoch behielt er die Vorwärtstendenz bei und befreite sich aus der Lage indem er im wahrsten Sinne des Wortes über die Ecke nach vorne hinwegkrabbelte und seine Runde unbeirrt fortsetzte. Frisch bis zum Ende und in toller Manier springend beendete das Paar vom Klosterhof Medingen ihren Ritt.
Im Ziel angekommen warteten auf alle Pferde Unmengen von Eis zum Herunterkühlen des Körpers nach der Belastung. Im Reiterzelt gab es für die Teilnehmenden und die Helfer gekühlte Getränke, ein Buffet und mehrere Bildschirme, um alle Ritte in voller Länge mitzuverfolgen. Auch das Geläuf auf der Strecke sah bis zum letzten Reiter top in Schuss aus, rutschende oder stolpernde Pferde gab es kaum. Wie genau es dem am letzten Hindernis gestürzten Quasi Cool des Amerikaners Phillip Dutton geht, war gegen 18 Uhr am Samstag U.S.-amerikanischer Zeit noch nicht für die Journalisten in Deutschland bekannt, der Reiter ritt jedoch nach dem Sturz noch sein zweites Pferd Azure erfolgreich über den 5*-Kurs.
Die zweite Verfassungsprüfung ist für Sonntag von 8:00 – 9:00 Uhr (DE: 14:00 – 15:00 Uhr) angesetzt. Bei der ersten Verfassungsprüfung gab es einen kostenlosen Livestream auf Facebook Seite des Kentucky Three Day Events. Mit etwas Glück wird das auch am Sonntag erneut der Fall sein. Das abschließende Springen im großen Stadion findet um 14:00 Uhr (DE: 20:00 Uhr) statt. Hier bietet erneut ClipMyHorse eine Übertragung in voller Länge an.
Zwischenergebnisse nach dem Gelände CCI5*-L